Von der 3 Sekunden Regel und anderen Küchenmythen

Von der 3 Sekunden Regel und anderen
Küchenmythen

Wenn einem der Lehrmeister früher als Azubi erzählt hat, man
soll die Eier abschrecken, weil sie sich dann leichter schälen lassen, glaubte
man das erstmal ohne groß darüber nachzudenken, weil erstens wird er schon
recht haben und zweitens macht es die Mama daheim ja auch so. Aber weitgefehlt!

Das Problem dabei ist, dass leider beide falsch liegen und
es gibt von diesen Küchenmythen so viele, dass ich heute damit einmal a bisserl
aufräumen möchte.

Bei mir war der Auslöser für diesen Blog ein Erlebnis bei
einer der letzten Abschlussprüfungen der Köche, das ich Euch nicht vorenthalten
möchte.

Für gewöhnlich stehen wir Prüfer da in der Küche und schauen
den Prüflingen beim Kochen zu, ohne sie zu stören, denn sie sind ja eh bereits
aufgeregt genug.

Und so war das auch dieses Mal, bis einem Prüfling etwas auf
den Boden fiel, was nicht weiter tragisch gewesen wäre.

Was aber dann kam, war etwas schräg. Er hob das Stück auf,
strahlte mich an und sagte kurz              
 „3 Sekunden Regel“ und wollte es
wieder benutzen.

Ich hab ihn natürlich aufgeklärt und ein neues Stück
gegeben, da er es halt leider einfach nicht besser wusste.

Aber nochmal für alle angehenden Köche da draußen:

Das ist ein Mythos – Es gibt keine 3 Sekunden Regel!!!! Und
an alle Köche, die den Lehrlingen einen solchen Schmarrn auch noch einreden;
wie blöd seid Ihr eigentlich, Ihr Vollpfosten?!

Aber genug geschimpft und zurück zum Ei! Es gibt nur einen
Grund ein Ei abzuschrecken und der ist, um die Außentemperatur des Eis zu
verringern, damit man es besser anfassen kann. Ansonsten macht es eigentlich
keinen Sinn, denn das Abschrecken unter kaltem Wasser stoppt weder den
Garprozess, noch lässt sich das Ei danach erkennbar besser schälen.

Einer meiner Lieblingsmythen ist aber der Klassiker. Fleisch
anbraten, um die Poren zu schließen. Für alle, die es noch nicht wissen,
Fleisch hat keine Poren, die man schließen könnte. Wenn wir etwas scharf
anbraten, tun wir dies nur, um ein schöne Kruste zu bekommen mit einem
wunderbaren Röstaroma. Desweiteren bleibt durch die Bratkruste mehr Fleischsaft
im Inneren.

Und wo wir gerade beim Fleisch sind, noch ein sehr schöner
Mythos ist, das Fleisch erst nach dem Braten zu salzen! Wenn man das tut, ist
das Fleisch nur von außen gesalzen und der Salzgeschmack geht nicht ins Innere.
Wenn man das Fleisch vor dem Braten salzt, zieht das Salz durch die
hygroskopischen, also wasserziehenden Eigenschaften ins Innere und man erzielt
ein besseres Ergebnis.

Und damit nicht genug. Bei Schweinefleisch hält sich immer
noch der Mythos, dass man es durchbraten sollte. Aber mal ehrlich, wenn man
frisches, hochwertiges Schweinefleisch hat, kann man das wirklich bedenkenlos
rosa braten und servieren. Schweinefleisch gilt als ein Hauptüberträger von
Trichinen, deswegen wurde früher die Empfehlung ausgegeben Schweinefleisch
durchzubraten. Doch bei den  heute
vorgeschriebenen Hygienestandards und Trichinenuntersuchungen bei Schlachtschweinen
braucht man sich hierüber keine großen Gedanken mehr zu machen.

Die nächsten paar Mythen kommen aus der Zeit bevor es
Kühlschränke gab, die sich aber immer noch hartnäckig halten und sogar Teil
unserer Tradition wurden. Hierzu gehört natürlich der Weißwurst Mythos. Ich
höre das immer noch sehr oft „ Ja, die Weißwürst schmecken doch nicht mehr am
Abend, die derfen des 12 Uhr Läuten doch ned hören.“

Zur damaligen Zeit hatte diese Regel ihre Berechtigung, da
Weißwürste in der Früh frisch gebrüht wurden und durch den Mangel an
Kühlmöglichkeiten sofort verzehrt werden mussten. Heute ist dies mehr als
Tradition zu sehen, Weißwürste nur in der Früh genießt.

Ein weiterer Kühlschrank- Mythos dreht sich um die Muscheln,
die man ja bekanntlich nicht in den Sommermonaten verzehren soll. Die Erklärung
ist wiederum sehr einfach, früher konnte man die Schalentiere einfach im Sommer
schlecht gekühlt transportieren, deswegen hält sich bis heute hartnäckig der Glaube
in der Bevölkerung, dass Muscheln und Schalentiere in den Sommermonaten nicht
genießbar sind.

Ihr seht also, es gibt´s einiges, über das man vielleicht
noch nicht nachgedacht hat.

Sehr weit verbreitet ist auch der Schwammerl Mythos, Pilze
nicht zu waschen sondern nur abzubürsten oder abzureiben. Das ist völliger
Quatsch. Ein Pilz besteht zwar allgemein fast zu 90% aus Wasser  kann aber unbedenklich gewaschen werden, da er
nicht die Eigenschaft eines Schwamms, wie es landläufig behauptet wird, hat.
Die Lamellen eines Pilzes wirken eher noch wasserabweisend. Des Weiteren werden
Zuchtpilze auf Substraten angebaut, welche man vorher abwaschen sollte, wie
auch den Schmutz und die Erde bei den Wald-Schwammerl. Wenn man sie hinterher
gut abtrocknet und weit ausgelegt auf einem Tuck trocknen lässt, ist kein Unterschied
erkennbar.

Aber da gibt es noch vieles mehr, was sich hartnäckig in den
Köpfen hält, so wie beispielsweise beim Pasta-kochen Öl ins Wasser zu geben, um
zu verhindern, dass diese zusammenkleben. Dieser Mythos ist aber eigentlich
leicht als unnütz zu erklären: Öl ist leichter als Wasser, also schwimmt oben
und hat so keinen positiven Effekt. Öl kommt also später an die Pasta meine
Nudelfreunde. Wenn Ihr während des Kochvorgangs gut umrührt, dann klebt auch
nix.

Damit aber noch nicht genug, bereits Aufgetautes kann man
unbedenklich wieder einfrieren. Klar wird es dadurch nicht besser, aber
Mikroorganismen, die sich eventuell vermehrt haben, werden beim Tiefkühlen
wieder abgetötet oder gehemmt. Beim Wiedererhitzen besteht also kein Risiko. Natürlich
spreche ich hierbei immer von unbedenklichen Zeiträumen, aber das sollte klar
sein.

Ein Mythos der sich extrem hartnäckig hält, ist der, dass
Holzbretter unhygienisch wären. Es ist erwiesen, dass Holz in der Regel keine
höhere Belastung aufweist als Kunststoff, ganz im Gegenteil ist Holz oft im
Vorteil, denn wenn die Kunststoffbretter alt sind, bilden sich in den
Schnittfugen des Kunststoffbretts nämlich mehr Keime als im Holzbrett.

Und last but not least möchte ich noch loswerden, dass ein
Mindesthaltbarkeitsdatum kein Grund ist am Ablaufdatum
alles wegzuwerfen. Es ist, wenn es z.B. gut gekühlt aufbewahrt wurde, in der Regel
noch Wochen danach in einem Großteil der Fälle vollkommen in Ordnung, also
denkt bitte auch ab und an daran Eure Sinne zu nutzen,  wenn Ihr wieder einmal daheim am Kühlschrank
steht. Denn wenn es nicht grau aussieht und schlimm riecht, sich verflüssigt
hat oder mit einem spricht, dann kann es noch gut sein. Es explodiert nix und
es wird Euch auch nicht umbringen, z.B. den Joghurt am Ablaufdatum zu essen.
Wenn doch, dann habt Ihr ihn blöderweise im Backofen gelagert, dann kann ich Euch
aber auch nicht mehr helfen
J.

Bleibt neugierig,

mit kulinarischen Grüßen,

Euer

Alexander Reiter

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